Der alte Mann und sein R4 -Vom Alpenrand zum Nordseestrand-

 

 

Mein Autofahrerleben begann 1972 mit einem R4, dunkelgrün mit Faltdach, der leider nur 2 Jahre hielt. Auch der Zweite, hellblau, gab nach 2 Jahren auf, aber beide hinterließen einen bleibenden Eindruck. Jetzt als Rentner wollte ich dieses Fahrgefühl nochmal erleben und kaufte nach langem Suchen einen 1981er R4 TL (es musste noch der alte Tacho sein) mit 27 PS. Erst vor 6 Jahren aus Südfrankreich gekommen, war der Wagen in einem guten Zustand, und als der TÜV dieses Jahr ohne Probleme erneuert wurde, entstand der Plan einer größeren Reise.

Von Rosenheim an die Nordseeküste sollte es gehen, dabei alte Freunde besuchen, Sehenswürdigkeiten ‚mitnehmen’ und Landschaften genießen.  Autobahnen waren damit tabu.

Am 1. Juni geht es los, nur wir zwei, mein R4 und ich. München großräumig umfahrend führt die Route über Moosburg, Neustadt, Schwabach, Schweinfurth nach Elfershausen bei Bad Kissingen. Erste Erkenntnis nach 8 Stunden und 430 km: diese Etappe war unter den gegebenen Umständen zu lang!

Gut, dass das nächste Ziel Naumburg nur 185 km entfernt ist. Die wunderschöne Fahrt durch die Rhön birgt allerdings andere Herausforderungen, die durch laaaange Steigungen mit nur 26 PS entstehen.

In Naumburg ist ein 60er Geburtstag zu feiern und vorausschauend habe ich die darauf- folgende Etappe auf nur 190 km festgelegt, vorbei an Fulda und dem schmucken Schloss in Bad Arolsen bis in die Nähe von Dortmund.

Das Ruhrgebiet, genauer die Zeche Zollverein, gehört mittlerweile zum Unesco Weltkulturerbe, Grund genug, hier einen Tag zu verbringen. Ich beginne an der Ruine Hohensyburg, die einen herrlichen Blick über das Ruhrtal bietet. Weiter geht es in die ehemalige Bergbausiedlung Altenhof II, in der die alten, inzwischen renovierten, Häuschen einen Einblick in die damalige Zeit vermitteln. Leider sind montags die meisten Zechen geschlossen, auch die Villa Hügel der Krupp-Familie hat nicht geöffnet. Die Zeche Zollverein ist jedoch zugänglich und stellt zusammen mit der Kokerei ein einmaliges Industriedenkmal dar.      

Von Dorsten starte ich meine nächste Etappe nach Ostfriesland, entlang der holländischen Grenze bei Enschede und weiter über Lingen und Meppen nach Rhauderfehn bei Papenburg. Hier ist der R4 goldrichtig, das Land ist flach und die Alleen schattig. Nach 220 km erreiche ich mein Hotel ‚Verlaatshus‘ (Schleusenhaus), dessen Name bereits ein Hinweis auf meine nächste Etappe ist.

 

Die Fehnroute ist ein ausgeschilderter Rundkurs von ca. 150 km durch trockengelegtes Moorgebiet (Fehn). Die Landschaft ist daher geprägt von Kanälen, weißen Ziehbrücken und Windmühlen.  Die abwechslungsreiche Route präsentiert diese ‚holländische‘ Landschaft von seiner schönsten Seite auf schmalen, wenig befahrenen Straßen.

Obwohl die Nordsee nicht mehr weit ist, mache ich zuvor noch Abstecher zu Freunden in Bremen und Jever, wo ich für einige Tage das Hotel sparen kann. Zu erwähnen ist ein interessanter Ausflug in das Künstlerdorf Worpswede bei Bremen mit seiner eigenwilligen Architektur (z.B. einem Rundhaus in Form einer Käseglocke).

Nun will ich aber endlich das Meer sehen! Entlang der Küste versuche ich einen Blick zu erhaschen, was aber durch den immer präsenten Deich fast unmöglich ist. Inzwischen bin ich schon in Schillig am Wattenmeer, also anhalten, Deich erklimmen und……  kein Meer, es ist Ebbe.

Nach 8 Tagen und knapp 1700 km habe ich mein Ziel erreicht! Im Außenhafen von Hooksiel komme ich dem Meer dann doch noch ganz nahe und kann die Kulisse für ‚Beweisaufnahmen‘ nutzen.

Fazit

Für die verregnete Rückfahrt habe ich 4 Tage und weitere 1400 km benötigt. Insgesamt bin ich in 13 Tagen 3100 km gefahren. Der R4 hat tapfer durchgehalten und mich kein einziges Mal im Stich gelassen.

Immer wieder erstaunlich sind die Reaktionen auf den Wagen. LKW-Fahrer grüßen mit der Lichthupe und auf jedem Parkplatz wird man angesprochen.

 

Es hat Spaß gemacht und wird nicht das letzte Mal gewesen ein.